Wer ist Interlens?

Unter der Bezeichnung Interlens-Contactlinseninstitute e.V. haben sich aktuell bundesweit 32 Kontaktlinsenspezialisten und ihre Unternehmen zusammengeschlossen, deren Existenzgrundlage ausschließlich in Anpassung und Verkauf von Kontaktlinsen besteht. Pro Jahr werden mehrere Arbeitstagungen zur Weiterbildung und zum Erfahrungsaustausch durchgeführt. Die seit der Gründung im Jahr 1982 inzwischen 62. Arbeitstagung fand am 12. und 13. Juni in Quedlinburg im Harz statt. Die Festlegung der Tagungsorte orientiert sich nicht ausschließlich nach dem Auswahlprinzip eines zentralen Ortes in Deutschland, welcher für alle Mitglieder annähernd mit dem gleichen Reiseaufwand verbunden ist, sondern mindestens eine Arbeitstagung pro Jahr wird in der Regel in einer deutschen Stadt veranstaltet, in welcher ein oder mehrere Mitglieder ansässig sind. Auf solchen Arbeitstagungen präsentieren sowohl externe Referenten als auch wechselweise reihum sämtliche Interlensmitglieder, satzungsgemäß in regelmäßigen Abständen dazu verpflichtet, Aktuelles und Wichtiges zur Fortbildung aus dem Bereich der Kontaktoptik sowie stets interessante Themen aus den Bereichen der Betriebswirtschaft oder des Marketings. Ungeachtet eines bereits an Reizüberflutung grenzenden nationalen und internationalen Tagungsangebotes ist allein schon durch die Besuche der eigenen Arbeitstagungen ein grundsätzlich aktueller Wissensstand aufgrund kontinuierlicher Weiterbildung für alle Interlens-Mitglieder gewährleistet.
In Quedlinburg bildeten mehrere Referate zum Thema beschleunigte Orthokeratologie, die Qualitätskontrolle formstabiler Kontaktlinsen, die Marktpositionierung als Spezialist im Bereich der Presbyopie sowie die Beobachtung visueller Phänomene bei der Folgeanpassung von Contactlinsen bei Keratokonus das Tagungsprogramm.

Qualitätskontrolle

Rupert Merten aus Stuttgart untersuchte unter dem Motto „Welchen Hersteller nehme ich?“ formstabile gaspermeable Kontaktlinsen (RGP) von vier auf dem deutschen Markt vertretenen Herstellern über den Zeitraum von etwas mehr als einem halben Jahr zwischen Oktober 2003 und April 2004 und präsentierte die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Eingangskontrolle formstabiler Kontaktlinsen. Die aus dieser aufschlussreichen und dabei höchst umfänglichen Arbeit gewonnenen Ergebnisse zur Qualitätskontrolle bilden zwar keine allzu überraschenden Erkenntnisse, beweisen aber, dass auch die Eingangskontrolle der beim Lieferanten angefertigten Kontaktlinsen als ein wichtiger Bestandteil für eine erfolgreiche Arbeit des Kontaktlinsenspezialisten anzusehen ist. Überprüft und verglichen wurden jeweils mehrere hundert rotationssymmetrische, formstabile, gasdurchlässige Kontaktlinsen der vier Lieferanten CONTA OPTIC, FALCO, GALIFA und MPG&E, gefertigt aus den Materialien Boston EO und XO, HDS, Alberta und Sil-O-Flex 2, deren Scheitelbrechwert ausnahmslos nicht mehr als 10 Dioptrien betrug.
Unmittelbar nach Wareneingang erfolgt, so banal es auch erscheinen mag, die Überprüfung der Übereinstimmung sämtlicher Parameter des Behälteretiketts mit den tatsächlichen Bestellangaben einer gelieferten Kontaktlinse. Einfache Fehler, welche durch menschliche Unzulänglichkeiten bei der Bestellung, der Bestellannahme oder der Endkontrolle geschehen können, werden dadurch ausgeschlossen. Danach erfolgt die Parameterüberprüfung der dioptrischen Stärke mittels Scheitelbrechwertmesser und der Krümmung der zentralen Kontaktlinseninnenfläche mittels Ophthalmometermessung. Beide Geräte, welche dabei für die Überprüfung im Einsatz waren, wurden kontinuierlich auf Genauigkeit überprüft und neu justiert.
Im Zusammenhang mit dieser auch für die jeweiligen Lieferanten aufschlussreichen Arbeit war es wichtig, die entsprechenden Kontroll- und Prüfverfahren der Hersteller für diese Parameter zu kennen und dementsprechend den jeweiligen lieferantentypischen Qualitätsanspruch einstufen zu können: Wie gut, effizient und tatsächlich sicher sind die untereinander nicht identisch ablaufenden Qualitätsendkontrollen nach der Fertigung? Hinsichtlich Abbildungsqualität überprüfen die einzelnen Hersteller unterschiedlich: Neben Messung der Stärke mit Hilfe eines elektronischem Scheitelbrechwertmessers erfolgt die gleichzeitige Beurteilung der optischen Qualität der Flächen sowie der Zonengrößen und der Abflachungen entweder mittels Interferenzgerät (Rotlex) oder die Kontrolle der Zonengrößen erfolgt mittels eines Visionix- Gerätes.
Für die Kontrolle der optischen Qualität beim Kontaktlinsenspezialisten nach Wareneingang diente ausschließlich, mangels anderer Alternativen, die Messung mit einem elektronischem Scheitelbrechwertmesser, wie bereits erwähnt, in regelmäßigen Abständen unter der zu Hilfenahme eines Eichlinsensatzes justiert. Hier wurde sehr kritisch neben der Genauigkeit der optischen Stärke (Toleranz bei plus/minus 0,12 dpt) der Schwerpunkt auf eine eindeutige, verzeichnungsfreie Abbildung ohne Aberrations-Lichthof gelegt. Ganz ohne Beanstandung erreichten die einzelnen Lieferanten unterschiedlich zwischen knapp 60% bis 70% die volle Zufriedenheit des kritischen Prüfungsteams, das übrige Restdrittel wurde in einem noch einigermaßen vertretbarem Toleranzrahmen eingestuft und nur ein verschwindend kleiner Anteil erfüllte überhaupt nicht die geforderten Kriterien bei Abbildungsqualität und dioptrisch genauer Maßhaltigkeit. Bezüglich Maßhaltigkeit der zentralen Basisradien, gemessen mit einer Zeissbombe, galt eine gemessene Abweichung von bis zu 3 Hundertstel Millimeter und weniger vom bestellten Sollwert als in Ordnung, Fehler von 5 Hundertstel Millimeter oder darüber sowie Verzug wurden reklamiert. Radienabweichungen bis 5 Hundertstel Millimeter steiler wurden dann noch akzeptiert, wenn ein optischer Fehler kompensierend entgegengesetzt existierte. Hier lag die volle Zufriedenheitsquote für alle 4 Lieferanten im Bereich um die 70%. Qualitätsunterschiede bei der Beurteilung der Kontaktlinsenränder wurde anlässlich dieser Eingangskontrolle nicht vorgenommen, dabei aber vereinzelte Exemplare mit offensichtlichen Randdefekten selbstverständlich nicht berücksichtigt, entsprechend ausgesondert und reklamiert.
Als Fazit dieser Beurteilung bleibt die Frage offen, welches herstellerseitig durchgeführte Verfahren bei der Abbildungsqualität (Interferenzmuster mittels Rotlex oder Beurteilung durch Visionix) das tatsächlich bessere Ergebnis liefert. Für die zentralen Radien wünscht sich das Prüfteam generell noch exaktere Resultate. Denn von messtechnisch hochwertigen Kontaktlinsen profitiert in erster Linie der anspruchsvolle kontaktlinsentragende Kunde.

Keratokonus

Christoph Dorider aus Hamburg und Thomas Wolf aus München präsentierten in ihrem Beitrag Gedanken und Beobachtungen bei der kontaktoptischen Versorgung von Kunden mit Keratokonus. Das Auftreten visueller Phänomene bei der Folgeanpassung von Kontaktlinsen bei Keratokonus stellt fallweise ein sehr ernst zu nehmendes und kundenseitig zumindest spontan eher demotivierendes Moment dar und kann die uneingeschränkt notwendige Vertrauensbasis zum Kontaktlinsenspezialisten und in seine Fähigkeiten zwischenzeitlich durchaus belasten. Nicht selten kommt es zu Begegnungen mit langjährigen Kontaktlinsenträgern mit dem Krankheitsbild Keratokonus, deren Kontaktlinsen bei guter Sehleistung subjektiv auch gut bis weitgehend akzeptabel, nach objektiven Kriterien aber apikal eher zu druckvoll aufliegen und dort entsprechend mechanisch zu belastend und physiologisch nicht unbedenklich wirken. Sie quetschen mehr oder weniger stark den Keratokonus nach klassisch-traditioneller, inzwischen überholter Auffassung. Die beim Krankheitsbild eines Keratokonus partiell deutlich fragilere Cornea befindet sich im sehr fragwürdigen Zustand einer Korsettierung durch die Kontaktlinsenauflage. Verändert man nun in teilweise mühevoller Feinarbeit diese Auflagekonstellation und verlagert das hauptsächliche Auflagegewicht der Kontaktlinse in peripher-corneale Bereiche und entlastet damit kunstvoll den bisher über Jahre hinweg strapazierten Bereich der Ektasie, so geschieht es nicht selten, dass der Betroffene spontan mit dem Sehergebnis nicht zufrieden ist. Er klagt neben einem schlechter gewordener Visus beispielsweise über ein verändertes Kontrastsehen, Verzerrungen aufgrund von plötzlich auftretenden inversen Restastigmatismen oder solchen mit schrägen Achsen, Versätze oder Bildsprünge, verstärkte Randreflexe, periphere Unschärfen, verstärkte Blendungen, Halos, Wahrnehmung eines sog. „Kometenschweifes“ , Trübungen oder Schleiersehen.
Als Anpasser sieht man sich hier fallweise vor die knifflig zu lösende Herausforderung gestellt, wie der Balanceakt zwischen der Unversehrtheit der Corneagesundheit bei täglich ausgedehnter Contactlinsenverwendung während der Wachphase einerseits und möglichst wenigen visuellen Einbussen andererseits als bestmöglicher, für Anwender und Verwender gleichermassen akzeptabler Kompromiss zu schaffen ist. Es gilt die Konstellationen abzuwägen, wie der physiologisch weitgehend unbedenkliche CL-Sitz in Verbindung mit bestmöglicher Maximierung des vorhandenen visuellen Potentials umzusetzen ist. Ein Artikel in diesem Heft erläutert ausführlich diese Problematik.

Multifokal-Kontaktlinsen

Karl-Heinz Haunreiter aus München gab Gedankenanstöße zur Marktpositionierung als Nahsehspezialist durch ein erfolgreiches Anpassen von Multifokal-Kontaktlinsen. Anhand von Zahlenmaterial (der monatliche Umsatz seines Institutes für Presbyopiekontaktlinsen beim entsprechenden Lieferanten stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an und macht inzwischen fast die Hälfte des Einkaufsvolumens aus) wies er nach, dass verstärkt Kompetenz nach außen zu transportieren ist, indem die persönliche Profilierung mittels einer gezielten Spezialisierung im Presbyopiebereich vorangetrieben wird. So verschafft er sich für ihn entscheidende Wettbewerbsvorteile durch zwangsläufig deutlich intensivierte Kundentreue und -bindung. Ausgehend von der eher zurückhaltenden Spekulation, dass pro Jahr in der BRD schätzungsweise mindestens 200.000 Kontaktlinsenträger presbyop werden, erscheint kundenseitig in diesem Segment ausreichend Potential vorhanden.
Als sein Produkt der ersten Wahl verwendet er die Multifokalkontaktlinse Essentiel der Firma Hecht. Diese zeichnet sich durch ein klar definiertes zentral angeordnetes Fernteil aus und bei guter Zentrierung erreicht man einen annähernd vergleichbaren Fernvisus wie mit monofokalen Kontaktlinsen. Das multifokale Design existiert auf der Innenfläche, das zur Zentrierungsunterstützung angebrachte Prisma ermöglicht zusätzlich das Anbringen eines fallweise notwendig werdenden Vorderflächentorus. Prinzipiell erwächst aus der Tatsache eines zentral eher steileren Kontaktlinsensitzes zur Reduzierung der Bewegungsunruhe und zur Unterstützung der Zentrierung keine kritische physiologische Problematik. Als die wenigen Ausschlusskriterien gelten ein eher kleiner Hornhautdurchmesser und geringe Hornhautexzentrizitäten sowie Cornealastigmatismen größer als 1 dpt mit inverser oder schräger Achsenlage, da hier die Kontaktlinse zu stark schaukelt und die ultimativ notwendige Zentrierung zunehmend in Frage gestellt ist.
Nachweislich liegt die Wertschöpfung aus der Versorgung mit multifokalen Kontaktlinsen gegenüber der Gleitsichtbrille deutlich höher, da die Gleitsichtbrille real nicht im gleichen Zeitrahmen ausgetauscht wird, wie es für die verschleißintensiveren Kontaktlinsen obligatorisch ist. Um die Unbedenklichkeit der langfristigen Verwendung von Kontaktlinsen zu sichern, erfolgt die Versorgung der Kunden unter Einbeziehung in ein Kundenbindungssystem mit jährlichem Linsentausch.

Ortho-K

Jens Ruchel aus Kiel gab einen persönlichen Überblick über anderthalb Jahre eigene Anpasspraxis mit Kontaktlinsen zur beschleunigten Orthokeratologie. Aus verkauften Stückzahlen der entsprechenden Lieferanten lassen sich für Deutschland aktuell etwa 5000 Träger hochrechnen. Anhand von Fallbeispielen schilderte er ein doch sehr breites Spektrum an positiven und negativen Erfahrungen. Teilweise überraschend erfolgreich verlaufende Versorgungen, welche hinsichtlich der Ausgangsvoraussetzungen nicht unbedingt eine gute Prognose ergaben, wechseln mit Abbrüchen, welche von der Ausgangssituation wiederum eher erfolgversprechendere Versorgungen zu sein schienen, aber aus den unterschiedlichsten Gründen wie Hochsitz oder Dezentration der Linsen, störende, zu hohe Restastigmatismen, unbefriedigender Visus mit störenden Halos oder augenblicklich noch zu hohen Myopien nicht zum Erfolg führten. Dabei gelangt er bei der Versorgung höherer Myopien im augenblicklich noch gültigen Grenzbereich von 4 Dioptrien und leicht darüber zu der Erkenntnis, dass sich anfänglich eher kleinere zentrale Abflachungszonen mit entsprechenden Halos später im weiteren Verlauf erfreulicherweise noch vergrößern. Etwa die Hälfte seiner abgeschlossenen Versorgungen gelang bereits mit der ersten Kontaktlinse, ein gutes Drittel erforderte eine zweite Linsenalternative, für etwa ein Sechstel waren drei Kontaktlinsen zum zufriedenstellenden Abschluss notwendig und nur bei 5 % waren mehr als drei Linsen erforderlich, um die Versorgung erfolgreich abschließen zu können. Ein knappes Drittel seiner aktuellen Ortho-K-Verwender waren vorher Brillenträger, etwas mehr als 2 Drittel verwendete vorher weiche Kontaktlinsen, in einem Fall wurden vorher GPHCL verwendet.
Ulrich Rieping aus Koblenz unterstrich in seinem Beitrag die Notwendigkeit maßgefertigter Ortho-K-Kontaktlinsen und verwies nachdrücklich auf die Verantwortung des Kontaktlinsenspezialisten für alle Phasen der Versorgung. Dabei erscheint in erster Linie für den professionell arbeitenden Spezialisten weder eine Fremdbestimmung der Linsenparameter durch die Übermittlung aller relevanter Corneal- und Refraktionsdaten an den Hersteller noch eine Standardisierung langfristig rationell. Um im Bereich der Orthokeratologie auf Dauer wirtschaftlich und eigenverantwortlich arbeiten zu können, benötigt der Anpasser entsprechende Tools. Er stellte ein von ihm entwickeltes und geschriebenes Rechenprogramm zur anpasserseitigen Definition aller Parameter von Ortho-K-Kontaktlinsen vor; die damit dann berechneten und definierten Linsen werden von der Firma Herz in Catania, Sizilien, gefertigt. Das Arbeitskonzept für den diese Kontaktlinsen anpassenden Spezialisten bleibt damit unverändert: Messen, berechnen, kontrollieren. Obligatorisch für seine Arbeitsweise ist ein Anpasssatz, bestehend aus 20-25 Messlinsen. Deren grundsätzlicher Aufbau als Einstieg in die gezielte Umformung der Corneaoberfläche myoper Augen besteht darin, dass der Radius der reversen Zone zunächst einmal grundsätzlich um 0,7 Millimeter steiler gewählt wird als der Radius der zentralen optischen Zone. Der zentrale Basiskurvenradius der Kontaktlinse bezieht sich auf die mittlere Krümmung der zentralen Cornea: Das Verhältnis zwischen diesen beiden Kurvenverläufen induziert bekanntlich die beabsichtigte zwischenzeitliche Myopiereduktion. Die Basiskurve der zentralen optischen Zone bleibt danach, bis auf wenige Ausnahmen, im Verlauf der weiteren Optimierung einer Kontaktlinse in der Regel unverändert. An die reverse Zone schließt sich dann die für die Zentrierung und Positionierung der Kontaktlinse maßgeblichen Einfluss ausübende periphere Zone (Landingzone) der Kontaktlinse an. Deren Gestaltung orientiert sich am Wert der ermittelten Exzentrizität der vermessenen Hornhaut im Bereich eines Winkels von 30 Grad vom Hornhautzentrum aus und es sollte möglichst parallel angepasst werden. Der Spielraum bewegt sich hier im Bereich von plus oder minus einem Zehntel Millimeter und es ist prinzipiell möglich, in geringem Umfang die Steuerung des zentralen Druckes über die Wahl des Radius der Landingzone vorzunehmen. Um den Übergang zwischen reverser und peripherer Zone weicher zu gestalten und den Flächenverlauf der Kontaktlinse zu harmonisieren, bedient man sich einer gezielt angebrachten zweiten Kurve für das Design im Bereich der reversen Zone (double reverse).
Als zusätzliche gestaltbare Größe für dieses Ortho-K-Design wird die Angabe der zentralen Tiefe (total depth) obligatorisch eingeführt. Das Maß für die Höhe der reversen Zone (die Größenordnung dafür bewegt sich im Mikrometerbereich) bestimmt entscheidend die Tiefe der Kontaktlinse: Je größer die zentrale Tiefe einer Linse gewählt ist, umso kleiner ist die zentrale Auflage und demzufolge umso geringer fällt der zentral ausgeübte Druck auf das Corneazentrum aus. Andererseits erweist sich eine Kontaktlinse mit höherer Tiefe und stärker oblonger Gestaltung der reversen Zone als in der Regel besser zentrierend. Wiederum je geringer oblong man sie im Verlauf wählt und je geringer damit die gesamte Tiefe ausfällt, desto instabiler sitzt die Kontaktlinse und tendiert damit möglicherweise zum unerwünschten Hochsitz.
Eine Ergebnisoptimierung der Anpassung erfolgt somit mittels der variablen Veränderung der drei Parameter reverser Zonenradius, Radius der Landingzone und dem Maß für die zentrale Tiefe. Mithilfe einer graphischen Darstellung, welche im Berechnungsprogramm enthalten ist, kann der Anpasser die geplanten Veränderungen zusätzlich bildlich darstellen und kann so mitverfolgen, welche Auswirkungen eine oder mehrere Parameterveränderungen im Profilbild der Kontaktlinse induzieren. So ist er stets in der Situation, Veränderungen des Linsensitzes bereits vor der Realisierung am Auge graphisch vereinfacht dargestellt zu kontrollieren; Fehler werden vermieden, indem das Programm die für notwendig erachteten Parameteränderungen umrechnet und dabei erforderliche Anpassungen der übrigen Parameter automatisch vornimmt.
Orthokeratologie aus Sicht der Firma Jenalens, die Vorgehensweise bei Verwendung orthokeratologischer Kontaktlinsen dieses Herstellers und interessante Zukunftsperspektiven vermittelte als externer Referent Frank Spors. Auch hier wird die Verwendung eines Anpasssatzes in Kombination mit einem computergesteuerten Berechnungsprogramm deutlich empfohlen, die Festlegung und Bestellung der Rezeptlinsen erfolgt sowohl nach Hornhauttopographie als auch nach Fluobildbeurteilung von aufgesetzten Anpasslinsen. Der Grund hierfür ist einleuchtend: der mittels Hornhauttopograph erfasste Messbereich der Cornea ist weitaus kleiner als der gesamte Auflagebereich einer orthokeratologisch wirkenden Kontaktlinse. Die Verwendung einer nicht ausschließlich nach individuellen Erfordernissen definierten erste Anpasslinse ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber ausgesprochen hilfreich. Der Anpasser kann alle Parameter des Linsendesigns nach der Fluoreszeinbeurteilung einer Anpasslinse selbst bestimmen. Es handelt sich um ein asphärisches Rückflächendesign mit 4 bzw. 5 definierten Zonen, wobei wiederum allein die Gestaltung der sogenannten peripheren Alignmentzone den optimalen, zentrisch ausgerichteten Kontaktlinsensitz gewährleistet. Interessant erscheint eine im Gegensatz zu anderen Anbietern empfohlene Vorgehensweise: Der zukünftige Nachtlinsenträger verwendet seine Kontaktlinsen in der ersten Tragewoche noch im wachen Zustand, langsam gesteigert auf etwa 2 bis 3 Tragestunden am Abend und entfernt die Linsen zunächst wieder vor dem Schlafengehen, um den Hornhautstoffwechsel behutsam an die neuen Belastungen zu gewöhnen. Erst danach folgt die erste volle Tragenacht.
Bisher eher unwahrscheinlich anmutende Zukunftsperspektiven für die noch verhältnismäßig junge Disziplin der beschleunigten Orthokeratologie verspricht eine im Augenblick weltweit laufende Langzeitstudie mit insgesamt 323 Probanden, deren Myopien im Bereich zwischen –5,0 und –10,0 Dioptrien sowie Astigmatismen mit der Regel bis zu –3,0 Dioptrien liegen. Um solche Myopien und Astigmatismen orthokeratologisch in den Griff zu bekommen, ist es extrem wichtig, sowohl die zentrale als auch die mittelperiphere Druck- und Sogwirkung auf die Cornea in eine optimal ausgewogene Balance zueinander zu gestalten. Der Kompromiss besteht in deutlich kleiner werdenden zentralen innenoptischen Zonen als den bisher üblichen 4,5 bis maximal knapp 6 Millimeter Ausdehnung für den zentralen Bereich der Cornea. Ausschließlich das obligatorische Anbringen von sehr viel mehr Zusatzkurven und -zonen induziert im zentralen Bereich der Cornea höhere Abflachungswirkungen.
Aber auch Entwicklungen im hyperopen Bereich bis etwa +4 Dioptrien und bei Kontaktlinsen mit multifokalem orthokeratologisch induziertem Wirkungseffekt sowie die entsprechenden augenblicklich dazu laufenden klinischen Studien existieren bereits. Die Herstellung solcher Linsendesigns erfolgt zur Zeit noch ausschließlich in den USA, Verhandlungen und Vorbereitungen für die Fertigung auf lizenzierter Basis für in Europa ansässige Kontaktlinsenmanufakturen sind in absehbarer Zeit zu erwarten.
Als ein sehr wichtiger Faktor zur Sicherung optimaler Langzeitcompliance von orthokeratologisch wirkenden Kontaktlinsen ist die Pflegeroutine des jeweiligen Trägers. Die augenblicklich noch in der Mehrzahl weiblichen Verwender sind besonders auf den Einfluss von aufgebrachter Schminke und pflegenden Cremes für den vorderen äußeren Augenabschnitt hinzuweisen. Antikonzeptiva haben zum Teil erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung und die Menge des Tränenfilms. Ablagerungen und Mangelbenetzung reduzieren den orthokeratologischen Effekt und können im Extremfall zu pathologischen Befunden führen. Auch Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von topographischen Auswertungen können fallweise die Auswirkungen von hoher Ablagerungsneigung auf die Corneaoberfläche sein. Die Verwendung von Peroxidsystemen wird als sehr sicher angesehen und dementsprechend verstärkt empfohlen. Als Lösung, welche beim Aufsetzen der Linsen vor dem Schlafengehen zu verwenden ist, eignet sich eine tendenziell dünnflüssige, gering visköse Flüssigkeit wie Kochsalzlösung; hyaluronsäurehaltige und damit dickflüssigere Substanzen erscheinen nach den bisherigen Erfahrungen dafür eher ungeeignet.
Ergänzend zum Vortragsprogramm präsentierte die Firma Rhinetec ein Endothelmikroskop zur genauen Analyse des Aufbaus, des Erscheinungsbildes der Endothelzellen und der entsprechenden Zelldichte. Aufgrund der hohen Gerätesensibilität ist bei entsprechender Weiterentwicklung auch ein Verfahren zur genauen Tränenfilmanalyse denkbar. Allerdings erscheint es beim augenblicklich noch hohen Anschaffungspreis für ein solches Gerät leider eher unwahrscheinlich, dass trotz der sehr interessanten Beobachtungen sowie daraus zu gewinnender Erkenntnisse der Einzug solcher Geräte in die Praxis des Kontaktlinsenspezialisten unmittelbar bevorsteht.

DOZ 10-2004